Bewertung: 9
1. Belial Is My Name
Mit speziell zum Ende hin vorhandenen Auszeiten verfolge ich den Weg des Grafen von Beelzebub und seiner doch mehr oder minder fluktuationsbehafteten Mannschaft bereits seit dem Debüt. Und von dem hochnotpeinlichen "Morgenröte", bis zum aktuellen, selbstbetitelten Longplayer "Mystic Circle", hat die Truppe um den finsteren, aber doch irgendwie charismatischen Front-Glatzkopf doch eine interessante und durchaus auch erstaunliche Entwicklung genommen.
War das Erstwerk "Morgenröte" aus dem Jahr 1996 noch eine in allen Belangen desaströse Fremdschäm-Klon-Lachnummer im Sog der Schwarzwurzel-Vampsters CRADLE OF FILTH, das aber nicht mal deren Epigonen wie etwa HECATE ENTHRONED auch nur ansatzweise zu erreichen vermochte, konnte der zwei Jahre später erschienene Nachfolger "Drachenblut" trotz diesmal eindeutiger Anleihen bei DIMMU BORGIR & Co. durchaus über weite Strecken überzeugen. Insbesondere der Hit der Scheibe, "Dragonslayer", ist auch heute noch eine der besten Nummern, die der Mystische Kreis jemals fabriziert hat.
Auch das Folge-Triple, bestehend aus "Infernal Satanic Verses" (1999), "The Great Beast" (2001) und (mit Abstrichen) "Damien" (2002), war nicht wirklich von schlechten Eltern. MYSTIC CIRCLE würzten in dieser Phase ihren Sound mit todesmetallischen Elementen und konnten so tatsächlich eine gewisse Eigenständigkeit etablieren. Auch hervorstechende Songs findet man auf diesen Alben: "God Is Dead – Satan Arise" als Eigenkomposition oder das wirklich exzellente BATHORY Cover "One Rode To Asa Bay" zum Beispiel.
Die vorletzte Scheibe dagegen, "Open The Gates Of Hell" (2003) war dann doch eher banale Durchschnittskost, so dass ich die Band nach mehreren kurzen, aber ergebnislosen Einhörversuchen in das Album (wie ich glaubte) endgültig ad acta legte.
Alter Verwalter, die beiden Urmitglieder und Weggefährten der frühen Schaffensphase der Band hauen mit ihrem selbstbetitelten Spätwerk einen Klopper raus, der sich gewaschen hat! Ich habe die neue Scheibe ein paar Mal durchgehört und erst dann den Waschzettel des Labels mit einigen Zitaten der Musiker gelesen. Und entgegen dem normalen Prozedere (im Review die übliche Realitätsferne der Album-Bewerbung erst mal wieder etwas geraderücken) decken sich meine Eindrücke mit den meisten Aussagen von A. Blackwar: „Wir wollten das Rad nicht neu erfinden. Für uns ist das neue Album eine Huldigung an die Neunziger, gekrönt von einer modernen Produktion.“
So ist der aktuelle Longplayer zu weiten Teilen ein großartiges Geschenk an die Fans des (melodischen) Black Metal der 90er Jahre. Angefangen beim furiosen, todesbleihaltigen Melodic-Schwarzmetall-Abriss im Opener, nehmen uns Beelzebub und A. Blackwar, die nicht nur optisch gereift und gut gealtert sind (siehe Videos), mit auf eine Reise in die glorreiche Hochzeit des Black Metal, kleiden ihre Musik jedoch in ein zeitgemäßes Sound-Gewand. Dieses ist aber zu keiner Zeit steril, sondern vielmehr druckvoll und organisch. Mit anderen Worten: Die neue Langrille donnert mit mächtig Wumms aus den Boxen, der Sound ist dabei aber immer klar und differenziert.
"Darkness In Flames" ist über weite Strecken rasende Aggression pur. Ob der Titel des Stückes, respektive die entsprechende Textzeile inhaltlich Sinn ergibt, sei dahingestellt, zum Mitgrölen eignet sich der Chorus „...Darkness In Flames, You Will Be Born Again. Darkness In Flames, Son Of Fire...“ auf jeden Fall.
Das folgende "The Arrival of Baphomet" ist ein echter Melo-BM-Hit, die Nummer macht große Lust, die Repeat-Taste wieder und wieder zu bemühen. Und "Curse Of The Wolf Demon" versprüht von der ersten bis zur letzten Sekunde diesen perfekt eingefangenen Spirit der glanzvollen Neunziger, ohne dabei angestaubt oder altbacken zu wirken.
Reden wir vor dem Endspurt noch kurz über "Letters From The Devil". MYSTIC CIRCLE mussten für ihr schamlos, dafür aber umso schlechter bei CRADLE OF FILTH abgekupfertes Debüt "Morgenröte" (durchaus verdientermaßen) viel Spott und Häme einstecken. Keine Ahnung, ob "Letters From The Devil" dafür eine späte Retour-Kutsche darstellt. Aber wie auch immer, die Nummer enthält einige unglaublich starke COF-Momente, die auch auf einem Album der britischen Batcaves absolut eine gute Figur machen würden.
"Satanic Mistress" ist der offizielle, und sehr atmosphärische Rausschmeißer (ebenfalls mit leichten Anleihen bei Kreischzwerg Dani Filth und seinem Ensemble), ehe sich die Scheibe mit dem POSSESSED Cover "Death Metal" endgültig verabschiedet, und das einmal mehr mit einem Kracher, denn die Hommage an den namensgebenden Track für ein ganzes Genre der amerikanischen Todes-Thrasher ist absolut gelungen.
WOW! Was MYSTIC CIRCLE der Hörerschaft auf ihrem achten Studioalbum präsentieren, ist in der Tat eine ungemein positive Überraschung, mit der in diesem Ausmaß wohl niemand gerechnet hätte. Beelzebub und A. Blackwar haben sich – verglichen mit ihrem vorherigen Schaffen – in allen Belangen selbst übertroffen und so definitiv das beste Album der Bandgeschichte kreiert.


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