Release Info: 1979 - Harvest - Full Length
Band Info: England - 1965 - Rock
Bewertung: 6,5
1. In The Flesh?
2. The Thin Ice
3. Another Brick In The Wall Part 1
4. The Happiest Days Of Our Lives
5. Another Brick In The Wall Part 2
6. Mother
7. Goodbye Blue Sky
8. Empty Spaces
9. Young Lust
10. One Of My Turns
11. Don't Leave Me Now
12. Another Brick In The Wall Part 3
13. Goodbye Cruel World
14. Hey You
15. Is There Anybody Out There?
16. Nobody Home
17. Vera
18. Bring The Boys Back Home
19. Comfortably Numb
20. The Show Must Go On
21. In The Flesh
22. Run Like Hell
23. Waiting For The Worms
24. Stop
25. The Trial
26. Outside The Wall
Sagenhafte 33 Millionen Mal (!) hat sich dieses Album verkauft. Somit ist „The Wall“ (1979 erschienen) eines der kommerziell erfolgreichsten Rockmusik-Werke überhaupt. Zudem kann der Einfluss des meistverkauften Doppelalbums aller Zeiten kaum überschätzt werden. Die Mutter aller späteren Konzept-LPs inspirierte unzählige Künstler (nicht nur Musiker) und genießt bis heute ungebrochen Kult-Status. Dabei ist das insgesamt 9. Pink-Floyd-Studioalbum keineswegs unumstritten. Speziell unter Fans entflammen immer wieder hitzige Debatten darüber, ob man „The Wall“ überhaupt noch als echtes Floyd-Werk bezeichnen kann, da es eindeutig Roger Waters Handschrift trägt, der vor allem seine eigenen Ideen umsetzen wollte. Seit dem Meisterwerk „The Dark Side Of The Moon“ (1973) war es innerhalb des Bandgefüges des Öfteren zu Krisen gekommen. Zwischenzeitlich hatte man sogar überlegt, die Band aufzulösen. Im Laufe der Zeit begann Bassist Roger Waters zunehmend das Ruder an sich zu reißen. Das hatte zur Folge, dass der Rest der Band, vor allem Kreativmotor und Ausnahmegitarrist David Gilmour, mehr und mehr zu rein ausführenden Musikern wurden, weil ihre Einfälle immer weniger Platz fanden. Erstaunlicherweise schienen sich die kreativen Differenzen und internen Spannungen aber nicht wirklich schädlich auf die Arbeit auszuwirken. Alben wie „Wish You Where Here“ (1975) oder „Animals“ (1977) wurden frenetisch gefeiert und gelten heute noch als bedeutende Meilensteine der Rockgeschichte. Auf „The Wall“ kam Waters Vormachtstellung dann endgültig zum Vorschein. Inspiriert durch einen Vorfall bei einem Live-Konzert, als er einem nervigen Fan von der Bühne aus ins Gesicht gespuckt hatte, begann sich der Bassist – geschockt über sich selbst – verstärkt mit Themen wie Verfremdung und Isolation zu beschäftigen. „The Wall“ – die Mauer(n), die jemand ums sich herum errichtet – wurde dann zum künstlerischen Ventil. Tatsächlich trägt das Album starke autobiografische Züge. Waters arbeitete seine vaterlose Kindheit auf (dieser war im 2. Weltkrieg gefallen), indem er den fiktiven Pink, einen erfolgreichen Musiker, verzweifeln und scheitern lässt. Dieser isoliert sich zunehmend, weil ihn die Schatten seiner Kindheit einzuholen scheinen („In The Flesh?“, „The Thin Ice“, „Another Brick In The Wall, Pt. 1 & 2“). Aufgewachsen bei einer überfürsorglichen, alleinerziehenden Mutter („Mother“), stürzt sich der Protagonist in unglückliche Liebesaffären („Young Lust“), woraufhin sich seine Frau von ihm scheiden lässt. „Goodbye Cruel World“ – der letzte Titel des 1. Tonträgers – scheint auf bevorstehenden Suizid hinzuweisen, doch Pink begibt sich stattdessen noch tiefer in die Isolation („Nobody Home“), verfällt den Drogen („Comfortably Numb“) und entwickelt Wahnvorstellungen, in denen er als totalitärer Diktator gegen Minderheiten hetzt. Schließlich kann Pink seine Gefühle nicht mehr unterdrücken und klagt sich vor einem Gericht selbst an, indem er sich bezichtigt, Emotionen gezeigt zu haben. Zur Strafe wird die Mauer, mit der sich die Hauptfigur selbst isoliert hat, niedergerissen, denn er soll seinesgleichen zur Schau gestellt werden. Am Ende scheint ein Neuanfang möglich („Outside The Wall“), aber zum Schluss bricht die Melodie genau dort ab, wo das Album ursprünglich begonnen hat. Es wäre also auch denkbar, dass Pinks Leidensweg nun noch einmal von vorne anfängt… Waters ehrgeiziges Projekt bot idealen Stoff für theatralische Live-Aufführungen, für Spekulationen unter Kritikern und Fans und machte sich so zu einem unsterblichen Klassiker. Zugleich war es aber der erste wirkliche Sargnagel, der die Band nachhaltig verändern sollte: Keyboarder Richard Wright wurde veranlasst, die Gruppe nach den Aufnahmen zu verlassen. Das bedeutete das Ende einer Besetzung, die immerhin seit 1968 Bestand gehabt hatte und die größte personelle Änderung seit dem Abgang des Band-Mitbegründers Syd Barrett. In weiterer Folge begann sich die Situation zwischen den Verbliebenen zuzuspitzen. Bis zum Nachfolgewerk (dem eigentlich unterschätzten „The Final Cut“ von 1983, das „The Wall“ quasi fortsetzte) sollte es über 3 Jahre dauern – die längste Schaffenspause der Briten bis dahin. Danach erklärte Roger Waters Pink Floyd für beendet, doch da hatte er die Rechnung ohne seine Kumpanen gemacht: David Gilmour und Schlagzeuger Nick Mason führten Pink Floyd mit anderen Mitmusikern fort. „A Momentary Lapse Of Reason“ (1987) und „The Division Bell“ (1994) – beide mit dem zurückgeholten Wright an Bord – wurden jeweils große Erfolge, ebenso das grandiose Live-Werk „Pulse“ (1995).  Die floydsche Blütezeit waren jedoch mit Sicherheit die 70er, an deren Anfang „Atom Heart Mother“ und das großartige „Meddle“ standen und die mit „The Wall“ episch und gebührend beendet wurden. Selbst wenn man keine allzu großen Sympathien für Roger Waters hegt, muss man ihm zugestehen, dass er hier etwas Besonderes geschaffen hat; allerdings auch etwas, das er ohne seine kongenialen Kollegen wohl nie so gekonnt zum Ausdruck hätte bringen können. „The Wall“ mag vielleicht Waters Handschrift tragen, aber es ist zweifelsfrei ein Meisterwerk, das nur durch das Wirken der ganzen Band so grandios inszeniert werden konnte. Auch Bob Ezrins gewichtiger Beitrag als (Mit-)Produzent sollte hier am Ende nicht unerwähnt bleiben (AMAZON)
 
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