NIGHT CROWNED haben es eilig und Covid-19 hat ihnen wohl die nötige Zeit dafür eingeräumt, denn nur etwas mehr als ein Jahr nach dem eher mittelmäßigen Einstand "Impius Viam" sind die vier Schweden aus allerhand namhaften Bands bereits mit ihrem Zweitwerk "Hädanfärd" zurück - und überraschen mich damit auf verschiedenen Ebenen. Wie man am Titel möglicherweise schon erkennen kann, ist das Quartett vom Englischen zur Muttersprache gewechselt. Doch das ist gar nicht die bedeutsamste Veränderung im Vergleich zum Debüt.
Die wirklich einschneidenden und - meiner Meinung nach - wichtigsten Anpassungen wurden bei der Spielzeit und am Sound vorgenommen. Anders als das fast einstündige "Impius Viam", bei dem man nicht selten dem Eindruck erlag, die Band hätte sich jeder der sich ihr gebotenen Idee verpflichtet, nähert sich "Hädanfärd" der Dreiviertelstunde und fokussiert sich dabei, was noch wesentlich wichtiger ist, auf die besten Ideen. Zumindest habe ich den Eindruck, als hätten es nur die besten Ideen auf das Album geschafft. Das heißt nicht, dass sich "Hädanfärd" keine schwächeren Perioden leistet, doch das Niveau ist insgesamt deutlich höher; es bleibt viel mehr vom melodisch-epischen Black Metal hängen, wie nicht nur "Nattkrönt", "Gudars skymning", "Människans förfall" und der famose Abschluss "Enslingen" beweisen. Oftmals klingen NIGHT CROWNED für mich ein bisschen so, als würden THYRFING nicht die Vergangenheit, sondern Gegenwart und Zukunft intonieren.
Auch beim Sound konnte man sich erheblich verbessern. "Hädanfärd" geht in seinem wesentlich differenzierteren, transparenteren Klang regelrecht auf, so dass - man mag es ja kaum glauben! - dieses Mal nicht nur winzigste Details rauszuhören sind, nein, es verschmilzt auch nicht alles zu einem Brei und das Keyboard ist - welchen Göttern auch immer sei Dank! - längst nicht mehr so penetrant im Vordergrund. Akustik- bzw. Cleangitarren erhalten genauso viel Spielraum wie die harmonischen Leads und kreischenden Riffs, das wütende Geschrei und die rar eingestreuten Clean Vocals. Einzig das Schlagzeug und die doch recht schüchterne Abmischung des Tieftöners enttäuschen ein wenig, ...
... aber NIGHT CROWNED sind auf dem richtigen Weg. In vielerlei Hinsicht. Der schwedische Sprachgebrauch ist also, wie man sieht oder liest, ein Bonus. Ein erwähnenswerter Bonus, klar, doch die große Weiterentwicklung in genannten Bereichen macht "Hädanfärd" erst zu dem, was es ist: ein gutes Album. Mit kleineren Schwächen, ja, aber in seiner Gesamtheit doch überaus spaßig. Und diese deutliche Steigerung war nach "Impius Viam" nicht unbedingt zu erwarten. (ROCK HARD 3,5 / 5)
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