1. Hope Springs Infernal
Schaut man sich das Cover (und vor allem das Bandlogo) des Debütalbums „Ritual & Repetition“ der britischen Band GOSPELHEIM an, könnte man glatt meinen, dass es sich hier um den x-ten Nachmacher von GHOST BATH handle. Man könnte dem Irrtum erliegen, dass sich GOSPELHEIM ebenfalls an repetitivem Post-Depressive-Black-Metal versuchen. Die Überraschung erfolgt beim Opener „Hope Springs Eternal“. Die Gitarrenwände erinnern vielmehr an einer gut gekonnten Mischung aus BEASTMILK (beziehungsweise GRAVE PLEASURES) und UNTO OTHERS. Auch der abwechselnd männliche und weibliche Gesang erinnert eher an letztere – allerdings mit einer noch stärkeren Note jenes Schwermuts der 80er Jahre (JOY DIVISION, THE CURE, THE SMITHS, DEPECHE MODE). Statt sich komplett in Trübsal zu ergehen, schaffen es GOSPELHEIM, diesen Stil mit einer ganzen Fülle aus anderen, eigentlich nicht zusammenpassenden Genres zu kombinieren. Der vor allem von Sängerin Coco getragene „Satan Blues“ in etwa beginnt mit Ansätzen aus 70er Jahre Doom Rock und entfaltet dann in der zweiten Hälfte Black-Metal-Elemente. Das Ganze, ohne den Dark Rock den eigenen Dark-Rock-Wurzeln zu entsagen. Ein Song, der mühelos Ohrwurmcharakter innehat. Ein Muss für jede Gothic-/Dark-Rock-Party! Man mag sich auf dem Papier wundern, warum GOSPELHEIM nach zwei Songs ein sanft-ätherisches Interlude („Lux Ephemera“) platziert haben. Folgt man aber dem Album weiter, wird es klarer. Waren „Hope Springs Eternal“ und „Satan Blues“ kleine Highlights, wird es von nun an nur noch besser. Mit dem schon fast an PARADISE LOST erinnernde „Praise Be“ schwingen GOSPELHEIM den Doom-Hammer noch stärker als auf „Satan Blues“. In Kombination mit Cocos Gesang kommen einem fast sogar Anleihen an SUB ROSA in den Kopf. Wären da nicht auch hier die immer wieder aufleuchtenden Black-Metal-Elemente. Diese werden dann endgültig auf dem fast schon epischen „Into Smithereens“ ausgepackt. Dass hier zu keiner Sekunde auf den typischen Kreisch-Gesang gesetzt wird, mag Black-Metal-Puristen vielleicht abschrecken. GOSPELHEIM schaffen es jedoch mithilfe des klaren Gesangs eine ganz neue Ebene zu erzeugen. Wesentlich mehr melancholischen Dark Rock präsentiert das Quartett auf „Voyeuristic Schism“. Ein Song, der wie „Satan Blues“ in keiner gepflegten Dark-Rock-Playlist fehlen sollte. Trotzdem gelingt es ihnen mit dem Song, den geneigten Metal-Entrepreneur ein Lächeln in das Corpsepaint-Gesicht zu zaubern. Wer sich bisher vor allem an dem (zugegeben gewöhnungsbedürftigen) Gesang gestört hat, den instrumentalen Ansatz aber dennoch zu schätzen weiß, wird „Valles Marineris“ schnell in sein Herz schließen. Das ebenfalls leicht doomige Instrumental zieht einen wie magisch in seinen ganz eigenen Bann. Das liegt vor allem an der hervorragenden Lead-Gitarre, die über allem schwebt. Mit dem großen Finale „The Hall Of The Unconsumed“ fahren GOSPELHEIM noch einmal alle Dark-Rock-Geschütze auf. Mit ihrem Album „Ritual & Repetition“ ist GOSPELHEIM eine wirkliche Überraschung gelungen. Nicht nur haben sie aus dem nichts ein rundherum eklektisches Album gezaubert, dessen Genrecocktail in dieser Form wohl seinesgleichen sucht. Wo sonst findet man so mühelos ineinander übergehende Elemente aus Dark Rock, Gothic, Doom und Black Metal? Das Ganze ohne jedweden Kitsch garniert. Umso überraschender ist dann auch, dass es sich hierbei um die erste Veröffentlichung einer Band handelt, die sich erst 2020 gegründet hat. Da fragt man sich schon fast, wo sie überhaupt noch hin möchten. Wenn man Punkte abziehen möchte, dann ist es vielleicht der nicht immer stimmige männliche Gesangspart von Gitarrist Ricardo. Hier passt Sängerin Coco für die gesamte Stimmung dann doch auf längere Sicht hin besser. (METAL.DE 8 / 10)
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