Unter dem Namen «Thrash Of The Titans» machte
dieses geniale Package zum Glück auch Halt in der Schweiz, genauer im
altehrwürdigen Z7 in Pratteln. Es erstaunte bei diesen Bands jedenfalls nicht,
konnte man einen Tag vorher ein ausverkauftes Haus vermelden. Mit Oli, Tinu und
meiner Wenigkeit war auch eine kleine Delegation von Metal Factory vor Ort,
wobei Erstgenannter mit seiner Anreise von Brienz herkommend wenig Glück hatte.
Er steckte in etlichen Staus fest, wobei er es dann kurz vor Beginn des
Konzertes doch noch rechtzeitig in die Halle schaffte.
Gespannt konnte man einmal mehr auf den Sound
des Headliners sein, denn Testament hatten in der Vergangenheit oft ein eher
unglückliches Händchen was das anbelangt. Ob es diesmal besser war? Darüber
wird Tinu sachlich berichten. Olis Favoriten heute Abend waren die Death Metal Veteranen
von Obituary, während ich auch voller Vorfreude auf den Auftritt der
brasilianischen Ladies von Nervosa hin fieberte. Es war also
alles angerichtet für einen ordentlichen Abriss, denn genau das konnte man von
diesen namhaften Bands erwarten. (rön)
Nervosa
Ich staunte Bauklötze, als ich mich beim ersten Song von Nervosa umdrehte. Trotz der frühen Anspielzeit war das Z7 bereits sehr gut gefüllt, und die brasilianische Thrash-Death-Abrissbirne konnte Vollgas geben. Nach den Abgängen von Fernanda Lira (Crypta) und Diva Satanica (Bloodhunter) hat Gitarristin und Bandgründerin Prika Amaral das Mikro gleich selbst übernommen und ausserdem eine neue Frauschaft um sich geschart. In dieser Konstellation habe ich Nervosa noch nicht gesehen. Wenig überraschend stand der letzte Longplayer «Jailbreak» im Mittelpunkt des Sets, wobei «Seed Of Death» den Auftakt machte. Kompromisslos feuerte die Band ihre Riffs in die Halle, und so gelang es ihnen, bereits einen Moshpit zu generieren.
Die charismatischen Ex-Sängerinnen konnte Prika musikalisch durchaus ersetzen, in Sachen Bühnenpräsenz und Ansagen stand sie allerdings im Schatten ihrer Vorgängerinnen. Wenn sie allerdings ihre lange Mähne schüttelte, war das schon ein Hingucker. Als Highlights des Gigs entpuppten sich, wenig überraschend, «Jailbreak» und «Endless Ambition», wobei ich den Knaller «Under Ruins» schmerzlich vermisst habe. Trotzdem haben Nervosa der Meute schon mal richtig eingeheizt, und diese Vorlage mussten Destruction erstmal annehmen. Oli, ist ihnen das gelungen? (rön)
Setliste:
«Seed Of Death» - «Behind The Wall» - «Kill The Silence» - «Perpetual Chaos» -
«Venomous» - «Jailbreak» - «Endless Ambition»
Destruction
Nun, die deutschen Thrash-Legenden und Teil der «The Big Teutonic» gaben sich alle Mühe, die angeheizte Stimmung weiterzuziehen. Schmier und seine Crew von Destruction betraten die Bühne mit dem Klassiker «Curse The Gods» und lösten damit den ersten von vielen Moshpits des Abends aus. Die Band war sichtlich in Spiellaune, obwohl Damir Eskić wohl kein guter Indikator dafür ist, denn dieser Mann ist gefühlt immer gut drauf. Der Vierer liess kaum Zeit zum Verschnaufen, bevor er mit dem rasanten «Nailed To The Cross» und dem aggressiven «Scumbag Human Race» weitermachte. Die Menge tobte im ausverkauften Z7 bei der wilden Interpretation des Fan-Favoriten «Mad Butcher», während die ikonischen Riffs und die heisse Energie des Songs das Chaos im Pit bestimmten.
Es war
pure, unverfälschte Thrash-Glückseligkeit, eine Rückbesinnung auf die
Gründungs-Jahre des Genres, dargeboten mit der Technik und Power des 21.
Jahrhunderts. Schliesslich gipfelte der Abend in der ultimativen
Thrash-Erklärung: «Bestial Invasion». Das war rohe, ungezähmte Wildheit, ein
perfekter Sturm aus Geschwindigkeit, Chaos und Metal-Geschichte, der das
Publikum nach vierzig Minuten ziemlich erschöpft, begeistert und mit dem Sound
einer wahrhaft legendären Band zurückliess. Einziger Wermuts-Tropfen
meinerseits: die beiden Gitarren waren durchwegs zu leise, und das Schlagzeug
dominierte über weite Strecken ihren Sound, was das normalerweise messerscharfe
Vergnügen etwas trübte. (oli)
Setliste: «Curse The Gods» - «Nailed To The Cross» - «Scumbag Human
Race» - «Mad Butcher» - «No Kings No Masters» - «Thrash ‘Til Death» - «Bestial
Invasion» - «Destruction»
Obituary
Zeit
zum Herunterfahren war es allerdings noch nicht, denn zwei Bands kamen ja noch.
Die grossartigen Death Metal Helden Obituary aus Florida waren an der Reihe,
die eine Stunde lang harte, knackige Riffs lieferten und passenderweise mit
«Redneck Stomp», ihrer Hitsingle, wenn man so will, begannen. Da sich die
Veröffentlichung von «Cause Of Death» zum 35sten Mal jährt, ist die Setliste
stark mit Songs aus dem Klassiker-Album geprägt. Dennoch präsentierten die
Floridianer mit «Sentence Day» und «A Lesson In Vengeance» neuzeitliches Musikgut und bewiesen mit «The Wrong Time», dass sie auch nach vier Jahrzehnten Bandbestehen noch immer harschen Death Metal spielen können, der Ihrem einzigartigen Stil treu bleibt. Die Band war mit Freude bei der Sache, und die wuchtigen Riffs von Trevor Peres sowie Kenny Andrews liessen die ersten Crowdsurfer über die Köpfe des Publikums hinwegsegeln.
John Tardys Stimme, ein charakteristisches, kehliges Brüllen, klang so monströs wie vor drei Jahrzehnten schon. Die etwas langen Pausen zwischen den jeweiligen Tracks wiesen hingegen in eine etwas andere Richtung, aber das war den Fans allerdings egal. Die Show erreichte ihren Höhepunkt bei der Kombination aus «Chopped In Half» und «Turned Inside Out», eine akustische Zerstörung, eine schwindelerregende Darbietung von Tempo-Wechseln und wilden Riffs, die den Pit in Raserei versetzten. Zum Abschluss liessen die unverkennbaren ersten Töne von «Slowly We Rot» den Raum förmlich explodieren. Das letzte, hallende Feedback hinterliess eine begeisterte Menge mit blauen Flecken. Das Publikum feierte die Amis wie die Band des Abends ab, wie sie manch einer danach entsprechend so nannte. (oli)
Setliste: «Redneck Stomp» - «Sentence Day» - «A
Lession In Vengeance» - «The Wrong Time» - «Infected» - «Body Bag» - «Dying» -
«Cause Of Death» - «Turned Inside Out» - «I’m In Pain» - «Slowly We Rot»
Testament
Um die
Frage von Rönu gleich vorneweg zu beantworten…, ja…, der Sound war gewaltig und
klar! Viele Besucher waren der Meinung, dass Testament noch nie einen solch
guten Sound hatten (ich denke aber, dass der letzte Gig im Z7 schon sehr gut
war). Was aber weniger zu meiner Freude beitrug, war der stetige Nebel, in dem
sich die Band um Sänger Chuck Billy präsentierte. Wieso zum Teufel scheint dies
aktuell der grosse Shit zu sein. Erstens sehen die Jungs nicht grottenschlecht
aus, als dass man sie nicht sehen dürfte und zweitens sind Silhouetten nicht
gerade das Gelbe von Ei, vor allem zum Photographien!
Nun gut, zumindest feuerten die Jungs aber Funkenregen und Stichflammen ohne Ende ab. Wie die aber zum jeweiligen Sound passten oder ob der Pyro-Techniker einfach nach Lust und Laune aufs Knöpfchen drückte, wird sicherlich ein gut gehütetes Geheimnis bleiben. Zu sehen, wie die Songs aber mit Feuer-Fontänen unterstützt wurden, besass definitiv seinen Reiz. Die Security hatte mit den unzähligen Crowdsurfern alle Hände voll zu tun, die sich den Weg über die Köpfe der Besucher bahnten. Neuerdings wird dies selbst vom Surfer noch mit dem Handy gefilmt! Da hoffe ich doch nur, dass das Smartphone plötzlich auf den Boden segelt und nicht mehr aufgefunden wird. Echt Leute, was soll der Scheiss?
Nun
aber genug der Motzerei und wenden wir uns besser der grossartigen Show von
Testament zu. Die Jungs stiegen nach dem Intro von den Beastie Boys («Fight For
Your Right») mit «D.N.R.» kraftvoll ins Geschehen ein. Mit dem seit zwei Jahren
in der Band Schlagzeug spielenden Chris Dovas hat die Thrash Legende ein junges
und hungriges Double-Bass-Drum-Monster in die eigenenReihen geholt. Der Junge
spielt die Parts mit einer unglaublichen Dynamik und konnte sich bei
seinem
Solo von seiner kraftvollsten Seite zeigen. Zusammen mit Bassist Steve
DiGiorgio wird einRhythmus-Teppich vorgelegt, auf dem sich die beiden
Gitarristen nach Herzenslust austobenkönnen. Während Eric Petersen selten Solos
spielt, überlässt er dies dem sensationellen Saiten-Zauberer Alex Skolnick. Was
dieser einmal mehr solierte, sucht seinesgleichen und vermischte die harten
Thrash-Klänge mit filigranen, leicht Klassik-inspirierten Momenten. Dazwischen
stand der Metal-Manitu in Person. Chuck sang nach seiner
überstandenenKrebskrankheit (2001) wie ein junger Gott. Ob mit cleanen,
aggressiven oder gegrowlten Parts,Mister Billy stand seinen Mann und animierte
das Publikum immer wieder aufs Neue. «Hell yeah! How you’re doing out there?
You guys singing with me» war die Einleitung zu «More Than Meets The Eye». Die
Fans sangen lautstark mit und machten diesen Track zu einem der Höhepunkte des
heutigen Abends. Dass Testament zu den abwechslungsreichsten Metal-Bands der
Szene gehören, wurde mit der wunderschönen Ballade «Return To Serenity» (sie
wurde dem Dad von Chris gewidmet, der gegen Krebs ankämpft), dem Groove-Knaller
«Electric Crown» (der Hit an diesem Abend!), der Thrash-Hymne «Native Blood»
und dem schon fast Black und Death Metal liken «Infanticide A.I.» manifestiert.
Auch wenn die neuen Tracks über eine unglaubliche Klasse verfügen, gegen die alten Killer kamen sie nicht (immer) an. So waren es «Practice What You Preach», «Sins Of Ommission» (was für eine Göttergabe!) und der Abschluss mit dem genialen «Into The Pit», was die grössten Reaktionen hervorrief. Sensationell waren dabei die Doppel-Leads bei «First Strike Is Deadly», wo die beiden Gitarristen zeigten, wie man ein geiles Zweier-Solo spielt. «How you’re feeling tonight? Hell yeah» Sie fühlten sich gut, die Fans und feierten die US-Boys ab. Schade, dass Testament nur knapp 75 Minuten auf der Bühne standen, heisst bei vier Bands an diesem Abend war dies leider so zu erwarten, trotzdem hinterliessen Chuck und seine Jungs eine spielfreudige, aggressive und mit viel Spass in den Backen dargebotene Show. Da darf man sich auf das nächste Mal freuen, bei einer längeren Show den Arsch versohlt zu kriegen, denn es gäbe noch ganz viele Klassiker, die gespielt werden könnten. (tin)
Setliste:
«Intro – Fight For Your Right (Beastie Boys Song)» - «D.N.R. (Do Not
Resuscitate)» - «WWIII» - «Practice What You Preach» - «Sins Of Omission» -
«Native Blood» - «Trail Of Tears» - «Low» - «More Than Meets The Eye» - «Drum
Solo Chris Dovas» - «First Strike Is Deadly» - «Infanticide A.I.» - «Shadow
People» - «Return To Serenity» - «Electric Crown» - «Into The Pit»
Nervosa
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