Release Info: 1996 - Massacre - Full Length
Band Info: USA - 1982 - Progressive Metal
Bewertung: 6
Bewertung: 6
1. Down
2. Bitter Taste
3. Born
4. Walking Wounded
5. Poison Seed
6. Watch Me Feed
7. Meaning
8. Now
9. Your Favorite God
10. Odd Shaped Pearl
Die Band behielt ihren Queensrÿche-Einfluss deutlich bei, vor allem im Gesang. Aber auch diese Seattle-Band experimentierte um diese Zeit mit fetteren Grooves und „moderneren“ Elementen in ihrer Musik – und scheiterte dabei deutlich mehr als Lethal. Man kann auch ein bisschen Ray Alder von Parallels oder Inside Out heraushören und vielleicht sogar ein bisschen Alice in Chains (ein Teil von „Bitter Taste“ erinnerte mich an Layne Staley). Der größte Unterschied liegt aber wohl in den härteren, treibenden Gitarren, die zwar genug Bombast hatten, um nicht mit den lahmen Nu-Metal-Kritikern der späten 90er mitzuhalten, aber zumindest eine Brücke zum OzzFest-Publikum und den Pantera-Fans schlugen. Die Besetzung war dieselbe wie auf der EP des Vorjahres, also hatte die Band 1996 ihre Richtung vielleicht gerade so weit verfeinert, dass sie einen kompletten Reinfall vermeiden konnte.
„Down“ wirkt wie eine härtere, düsterere Interpretation einiger Stücke von Programmed, und der wuchtige Gitarrensound erinnert mich stark an Ray Alders Nebenprojekt Engine, insbesondere an Mallicoats aufsteigende Melodielinien gegen Ende der Strophen. Es ist nicht unbedingt ein guter Song, aber zumindest besser als alles vom Vorgängeralbum, und ich spürte eine Erleichterung von der Anspannung und Verzweiflung, die mich plagte. „Bitter Taste“ besticht durch einen simplen, wuchtigen Flow dank der melodischen Gitarren im Intro und des treibenden Basses, wirkt danach aber etwas schrill und albern, vor allem der Gesang, der von der zugänglichen Mystik der Strophe zu einem funkigeren, an Axel Rose und Layne Stayley erinnernden Stil wechselt. „Born“ ist eine beschwingte, bluesige Folk-Ballade mit sanftem Gesang und knackigen Gitarren, kann aber nicht mit „Another Day“ mithalten, und der darauffolgende Titel „Walking Wounded“ bietet nur generische, stampfende Gitarren, deren Komposition wohl nicht länger als ein paar Sekunden gedauert haben dürfte.
„Poison Seed“ ist eine weitere, ähnliche Ausnahme wie „Born“, mit klaren Gitarren und einer Mischung aus Geoff-Tate-artigem Gesang in mittlerer Lage und verzerrten, fast schon elektronischen Bassklängen. Es ist tatsächlich einer der besseren Songs des Albums (ich weiß, das will nicht viel heißen), der an Intensität zunimmt, ohne jemals in Metal abzudriften. Ich könnte mir vorstellen, dass jemand, der auf Alice in Chains oder Queensrÿche-Balladen steht – eine seltsame Verbindung zu Seattle –, dazu mit dem Kopf nickt. Die Band setzt Streicher ein, die neben dem Gitarrenspiel und dem bombastischen Bass funkeln. „Watch Me Feed“ ist ein düsteres Stück, das – wie sollte es anders sein – wieder einmal nach der legendären Grunge-Band klingt, wenn auch in einem metallischen Tempo. Dasselbe gilt für „Meaning“, wobei der Gesang hier wirklich gut ist. Schade nur, dass die Musik nicht mithalten kann.
„Now“ bietet eine weitere der verträumten, klaren Gitarrensequenzen der Band mit Streichern – solide, wenn auch nicht besonders einprägsam. „Your Favorite God“ beginnt mit Bass, gefolgt von kraftvollen, klagenden Gitarrenmelodien und noch klagenderem Gesang. Letzteres ist einer der stärksten Songs des Albums; trotz einiger eher belangloser Rhythmusgitarren-Linien und des anhaltenden Einflusses von Layne Staley hat der schreiende Gesang etwas, das überzeugt. „Odd Shaped Pearl“ ist ein Instrumentalstück, das den Einsatz von Streichern fortsetzt, hier kombiniert mit Akustikgitarren in einem cleveren kleinen klassischen Outro. Damit endet nicht nur „Poisoned Seed“, sondern auch die Karriere der Band, zumindest bis sie etwas Neues veröffentlichen (die Band ist in irgendeiner Form noch aktiv).
Obwohl dieses zweite Album ein Wirrwarr an Ideen ist, die nicht immer perfekt zusammenpassen, fällt es doch recht gut in die Kategorie „hätte schlimmer sein können“. Einige der Songs hier stechen deutlich mehr in Erinnerung als alles auf „Your Favorite God“, was aber kein großes Lob ist, da die EP größtenteils miserabel war. Wer Lust auf Lethal hat, findet in Sachen Hörgenuss und Qualität keine Alternative zu „Programmed“. Wer jedoch masochistisch veranlagt ist und wissen möchte, wie die Band aus Kentucky sich den 90ern anpasste, wird von den knapp 50 Minuten von „Poison Seed“ nur ratlos zurückgelassen. Nie wirklich schlecht, aber oft nah dran, ist es ein weiteres zeitloses Zeugnis dafür, warum die Entwicklung einer Band sehr sorgfältig überwacht werden muss – und zwar effizienter, als Lethal es je konnten. (METAL ARCHIVES)


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