1. Between Hope And Reality
Manchen Bands gelingt bereits mit ihrem ersten Album der große Wurf, andere müssen zuvor aus ihren Fehltritten lernen, um den Dreh rauszubekommen. CÂN BARDD legten mit „Nature Stays Silent“ beispielsweise einen eher unbeholfenen Start hin. Zwar trafen Projektgründer Malo Civelli und sein bis auf weiteres dauerhaft involvierter Aushilfsdrummer Dylan Watson mit ihren kreativen Epic-Black-Metal-Kreationen bei so manchem Hörer einen Nerv, doch die überlange, stellenweise zu schwülstige Platte konnte nicht gänzlich überzeugen und war zudem auch noch dilettantisch produziert. Selbsterkenntnis ist jedoch bekanntlich der erste Schritt zur Besserung und Civelli war sich seiner Unerfahrenheit sehr wohl bewusst – Grund genug also, CÂN BARDD anlässlich ihres Zweitwerks „The Last Rain“ noch eine Chance zu geben.
Obwohl CÂN BARDD mit dem fünfzehnminütigen „Between Hope And Reality“ ihren bisher ausschweifendsten Song gleich an den Anfang ihres neuen Albums gesetzt haben, ist „The Last Rain“ mit seiner Gesamtlaufzeit von gut 50 Minuten zumindest quantitativ um einiges verträglicher als sein Vorgänger. Eine weitere Verbesserung, die sich schon mit den ersten friedlichen Akustikklängen und Klargesängen ankündigt und spätestens beim Einsetzen der Screams sowie der kraftvoll getragenen Gitarrenriffs und Drums zur Gewissheit wird, ist die professionellere Produktion. Hinweg ist der seltsam klobige und gekünstelte Sound des Debüts, an seine Stelle ist nunmehr ein organischer, fülliger und abgerundeter Klang getreten.
Rein musikalisch hat sich bei CÂN BARDD hingegen nicht allzu viel geändert. Civelli ist immer noch darum bemüht, seine Kompositionen mit einer gewissen Erhabenheit zu erfüllen und bedient sich zu diesem Zweck vor allem melodischer Gitarrenleads und einer ganzen Reihe unterschiedlicher Keyboard-Töne. Vor allem auf letztere verstehen sich die Schweizer ziemlich gut: Sowohl die trübsinnigen und doch anmutigen Klavierarrangements wie im instrumentalen Zwischenspiel „Fog Of War“ als auch die unkonventionelleren Variationen wie etwa die grazilen, an Dungeon Synth erinnernden Synth-Harfen auf „Celestial Horizon“ versprühen einen eigentümlichen Charme.
Die Fortschritte, die CÂN BARDD in nur einem Jahr gemacht haben, können sich sehen lassen – und doch stößt man hier und da noch auf einige Restmängel. Zum einen klingen die folkigen Keyboard-Parts immer noch nicht richtig authentisch und folglich oft zu kitschig, zum anderen sind manche der Songs zumindest phasenweise leider recht unspektakulär ausgefallen („Clouds And Feuds“). Auch den Vocals fehlt es noch ein wenig an Eleganz, wie man in der ulkigen A-Cappella-Scream-Passage auf „Celestial Horizon“ nur allzu deutlich zu hören bekommt. Insgesamt haben CÂN BARDD somit eineinhalb Schritte nach vorne und einen zurück gemacht.
„The Last Rain“ ist leider noch nicht der Befreiungsschlag, den man nach dem vielversprechenden, aber unausgegorenen „Nature Stays Silent“ zu erhoffen wagte. CÂN BARDD sind definitiv willens, an sich selbst zu arbeiten, daran besteht gar kein Zweifel. Während es dem Duo tatsächlich geglückt ist, manche der Schwächen des Debüts auszumerzen, sind andere nach wie vor vorhanden – zum Teil sogar noch präsenter als zuvor. Alles in allem haben die Epic-Black-Metal-Newcomer diesmal jedoch ein passables Album mit ein paar wirklich schönen Passagen zustande gebracht. Bleibt nur zu hoffen, dass sich die hiermit in Gang gesetzte Entwicklung auf Album Nummer drei fortsetzen wird. (METAL1 6,5 / 10)
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