Kissin' Dynamite - Massive Wagons - AirStrike
Freitag 25.10.2024 - Z7 Pratteln
Ach, wie waren sie doch toll - die goldenen Zeiten des Stadionrocks. Bands wie AC/DC, Bon Jovi, Journey oder Aerosmith liessen tausende von Rockfans in die grössten Stadien der Welt strömen, um dort gemeinsam ihre Musik zu zelebrieren. 40 Jahre später sind etliche Bands dieser glorreichen Ära tot, scheintot oder kurz vor ihrer Pension. Nur wenige tingeln noch durch die Lande, die das Prädikat «wertvoll» verdient haben. Somit ist es eine schmerzvolle Tatsache, dass all die Abgänge der Grossen, ein klaffendes Loch in der Live-Landschaft hinterlassen werden. Ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt, denn hie und da kommt wieder eine frische Band aufs Parkett, die solche Nostalgie geschwängerten Fussstapfen zu füllen, fähig wäre – Kissin’ Dynamite! Die aus dem Schwabenländle stammende Truppe machte sich 2006 auf den Weg, um für die legendären Schwergewichte in die Presche zu springen. Ursprünglich als Schulband gegründet, schafften es die Brüder Johannes und Ande Braun, zusammen mit ihren Freunden Jim Müller, Steffen Haile und Drummer Andi Schnitzer, der inzwischen durch Sebastian Berg ersetzt wurde, in den vergangenen, knapp 20 Jahren, sich Schritt für Schritt nach oben zu arbeiten und dabei eine treue Fanbase zu erspielen. Ihr grösster Erfolg stellte sich erst vor Kurzem ein, nämlich die erste Nr. 1 Platzierung in ihrer Heimat für die aktuelle Platte «Back With A Bang». Noch ein Grund mehr, sich diese Truppe einmal anzuschauen.
Airstrike
Auf der dazugehörigen «Back With A Bang-Tour» wurden die Schwaben traditionsgemäss von zwei Supportbands begleitet. Den Anfang machten KD’s Landesvetter Airstrike, aus dem schönen Frankenberg, in der Nähe von Kassel. Sie präsentierten vor ziemlich gut gefülltem Haus ihre Eigenkompositionen zwischen Blues, Hardrock und Rock ‘n Roll. Das Publikum lauschte zwar den Klängen des Quartetts, liess sich aber nicht wirklich von den Songs mitreissen. Sänger Julio Noriega, der 2022 bei The Voice Of Germany teilnahm, versuchte das Publikum zu fassen und für Singalongs zu begeistern, was nur ganz spärlich angenommen wurde. Richtig zu beelenden schien dies die Band nicht. In der Tat kannte fast niemand ihre Songs und Airstrike waren sich dieser Tatsache wohl bewusst. Also nutzten sie die Gunst der Stunde, ihren frischen Sound, der zeitweise an die Überflieger Greta van Fleet erinnerte, einem frischen Publikum zu präsentieren, das richtig in Feierlaune und voller Vorfreude war. So verliessen dann die vier Jungs die Bühne des Z7 auch nicht mit hängenden Köpfen, auch wenn die Begeisterungsstürme an diesem Abend ausblieben.
Setliste: «Soul Right» «Rollin’» «Beyond The Way» «Promised Land» «One In A Million» «Motor Ride»
Massive Wagons
Mit der zweiten Gruppe des Abends ging es musikalisch erstmal in eine etwas andere Richtung. Die Briten von Massive Wagons legten mit ihrem Radiohit «Missing On TV» einen guten Einstieg hin. Zu Beginn ihrer Karriere hatte man die Truppe eher in die AOR-Ecke gedrängt, davon war aber live nichts mehr zu spüren. Mit einem deutlichen Punkeinschlag klangen alle Songs wesentlich härter als auf dem Album und «A.S.S.H.O.L.E.» vom aktuellen Album «Triggered» verleitete Frontmann Barry Mills zu seiner Lieblingsgeste – dem Stinkefinger. Massive Wagons brauchten etwas weniger Anlauf, um das Publikum zu erreichen, denn es fühlte sich bald so an, als wären viele Zuschauer auch wegen ihnen gekommen. Ich persönlich verstehe den Hype um ihre Musik nicht so ganz, da bei mir, ausser der Melodie von «Billy Balloonhead», nichts hängengeblieben ist. Der Erfolg gibt ihnen aber letztlich Recht! Barry raste während des gesamten Gigs wie ein Gehetzter über die Bretter und animierte die Fans zum Mitmachen, was auch ziemlich gut klappte, besonders beim jüngeren Publikum. Mit «The Good Die Young» wurde es erneut radiotauglich, aber ansonsten dominierten die punkig angehauchten Songs die Szenerie. Nach gut 40 Minuten und lauten «Oh Oh Oh»-Gesängen wurden die Briten gebührend mit Applaus verabschiedet. Die gute Stimmung zauberte sogar Sänger Mills ein Lächeln ins Gesicht, der mit seinen Massive Wagons insgesamt einen gelungenen Auftritt hingelegt hatte. Das Publikum war nun entsprechend vorgeheizt für den Headliner des Abends.
Setliste: «Missing On TV» «Sleep Forever» «Generation Prime» «Fun While It Lasted» «Fuck The Haters» «The Good Die Young» «Please Stay Calm» «House Of Noise» «Bangin In Your Stereo» «In It Together»
Kissin’ Dynamite
Um 21:15 fiel der Startschuss für Kissin’ Dynamite. Die fünf Chartstürmer zogen, entgegen dem Ruf der geizigen Schwaben, alle Register und geizten nicht mit Showeffekten. Das Bühnenbild wurde von mehrstufigen Podesten dominiert, die mit Lichtern und Lampen gespickt waren. Als der Fünfer mit dem Titeltrack «Back With A Bang» vor ihr Publikum trat, kochte die Menge sofort über. Sichtlich gut gelaunt, und stets mit blond toupierter Mähne, stand Frontmann Hannes Braun schnell im Mittelpunkt, was sicherlich auch seinem Schuss aus der Luftschlangenkanone geschuldet war. Seine sympathische Art und die Entertainerqualitäten zogen das Publikum auf seine Seite und er agierte auf der Bühne wie ein kleiner Freddy Mercury oder junger Jon Bon Jovi. Das Publikum war voll im KD-Strudel, sodass der Sänger bereits nach dem ersten Song weder begrüssen noch danke sagen konnte. Es hatte Altrocker, junge Damen, die «König Hannes» zu Füssen lagen und verhältnismässig viele Kinder. Die Songauswahl lag klar auf dem aktuellen Longplayer, wobei auch ältere Hits ihrer Bandgeschichte nicht fehlten. Ihre Setliste war beladen mit grandiosen Hymnen. Neben neuem Material wie «My Monster» oder «The Devil Is A Woman» konnten auch die älteren Knaller wie «DNA», «I´ve Got The Fire» oder «I Will Be King» begeistern und liessen eine ausgelassene Meute mitsingen. Bei Letzterem hielt «König Hannes» das Zepter wirklich fest in der Hand, während er auf einem mächtigen Thron Platz nahm. Dann wurde die Geschwindigkeit etwas zurück- und ein Klavier hereingefahren, damit der Sänger die Ballade «Heart Of Stone» präsentieren konnte. Mit «Queen Of The Night» bewies die Truppe, dass ein Klavier nicht bloss zur Schnulzenproduktion taugt. Die gute Laune zwischen Band und Publikum switchte nur so hin und her, dass auch die Ladung riesiger roter Luftballone ihren Zweck erfüllte. Es dauerte ziemlich lange, bis auch der letzte von ihnen zerplatzt war. Ein Highlight für Fans und Band war die Ballade «Six Feet Under», die ursprünglich vom Plattenlabel als Dreck bezeichnet wurde und hätte aussortiert werden sollen. Die Band blieb hart, was sich im Nachgang als richtige Entscheidung erwies. Mich hat der Song auch nicht gepackt, aber anyway. Dafür der Rest! In einer Ansage erklärte der Frontmann, dass es sich lohne, auch in schweren Zeiten Durchhaltevermögen zu zeigen, denn auch Kissin’ Dynamite standen in der Corona-Pandemie angeblich kurz vor dem Aus. Sie entschieden sich glücklicherweise weiter zu rocken, denn dies war «Not The End Of The Road» für Kissin’ Dynamite. Glücklicherweise erfragte die Band via Social Media, welche Songs auf Tour gespielt werden sollen und tatsächlich schaffte es ein Track in die Setliste, die die Band nicht eingeplant hatte: den Kracher und mein persönlicher Favorit «The Best Is Yet To Come»! Mit diesen beiden Songs machen die Schwaben Hoffnung für die Zukunft. Unter tosendem Applaus verliessen die Musiker die Bühne, um kurz darauf, flankiert von Security-Leuten, sich ihren Weg durch die Menge zum Mischpult zu bahnen. Der Platz war knapp, sodass Schlagzeuger Sebastian seine Küche gegen ein Cajon getauscht hat. Gedrängt standen die Musiker Auge in Auge mit den Fans und es folgte mit „Not A Wise Man» eine richtige Gänsehautballade in akustischer Ausführung. Im Anschluss ging es durch die Menge zurück auf die Bühne, um mit «You’re Not Alone» nochmals alle Register einer pompösen Rockshow zu ziehen. Die Hymne ist ein Livekracher mit jeder Menge Goodtime-Feeling, und Hannes nutzte die Gelegenheit, um eine kleine Fahrt im Schlauchboot zu unternehmen. Über den Köpfen seiner Fans wurde der Songinhalt bildlich ins Z7 übertragen - nur gemeinsam, Band und Fans, schafft man es, das gesteckte Ziel zu erreichen. Nach etlichen Danksagungen und einer sichtlich gerührten Band war nach 95 Minuten und «Raise Your Glass“ leider das fulminante Ende eines grandiosen Konzerts erreicht. Zuschauer und Band waren begeistert, hätten vermutlich noch lange weitermachen können. Mit Fan-Selfie, Drumstick- und Plektrumwerfen verabschiedeten sich Kissin’ Dynamite mit strahlenden Gesichtern von ihren Anhängern, die sie gebührend abfeierten!
Setliste: «Intro» «Back With A Bang» «DNA» «Virgin» «I’ve Got The Fire» «My Monster» «I Will Be King» «Heart Of Stone» «Queen Of The Night» «The Devil Is A Woman» «Only The Dead» «Six Feet Under» «The Best Is Yet To Come» «Not The End Of The Road» «Not A Wise Man» «You’re Not Alone» «Raise Your Glass»
Fazit: Das Z7 durfte wieder einmal eine gelungene Bühnenshow mit gutem Sound und hervorragender Ausleuchtung, einem grandiosen Frontmann mit einer starken Ausstrahlung und einer tollen Stimme erleben. Diese Aspekte und eine Band mit wahnsinniger Spielfreude ergaben eine grandiose Headliner-Show, die über 90 Minuten begeisterte. 1500 Fans erlebten an diesem Abend Hardrock vom Feinsten, in bester Stadionrock-Manier. Eine abwechslungsreiche Show und fünf Musiker in Bestform, die allesamt ohne «Hey Motherfuckers» auskamen, dazu eine Vielzahl von Hymnen und eine Hitdichte, die sich gewaschen hat. Ich verneige mich als Fan vor Kissin’ Dynamite und hoffe, dass sie ihren eingeschlagenen Weg, musikalisch wie persönlich, beibehalten. Ganz grosses Kino!
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Massive Wagons
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