Bewertung: 8
1. Skyline In Flames
In den Anfängen der deutschen Thrash-Metal-Bewegung integrierten Bands wie Sodom, Destruction oder Iron Angel Black-Metal-Elemente in ihre Kompositionen. Rund zehn Jahre später spielten Sodom Punk-Songs, Destruction waren bedeutungslos und Iron Angel existierten nicht mehr. Desasters Debütalbum erschien zudem in einer schwierigen Zeit, denn Grunge und andere Neuerungen (oder sollte ich „Neuerungen“ in Anführungszeichen setzen?) dominierten den Markt für mehr oder weniger metallische Klänge. Desaster setzte damit ein Zeichen für düsteren Underground-Metal, und die Band konzentrierte sich voll und ganz auf das Musikmachen – im Gegensatz zu einigen Norwegern, die einige Jahre zuvor neben Black Metal auch kriminelle Aktionen veranstaltet hatten. Das verdient besondere Erwähnung, denn es zeigte, dass der rebellische Geist des Metal noch immer lebte. Doch nun zum einzigen störenden Detail: Das Album klingt verwaschen und fast kraftlos. Es ist schwierig, die einzelnen Instrumente zu identifizieren. Die Bassdrum beispielsweise ist kaum zu hören. Man kann daher sagen, dass die verschwommenen Konturen des interessanten Covermotivs gut zum Sound dieses Debüts passen.
Das spielt aber keine Rolle, denn Metalheads mit einer Schwäche für Blackened Thrash werden dieses Album lieben. Desaster, deren Titel an einen mystischen Sound erinnert, bereichern ihre Songs mit mittelalterlich anmutenden Riffs. Diese tauchen zwar nicht in jedem Stück auf, werden aber wirkungsvoll eingesetzt. Der Titeltrack ist ein Paradebeispiel für die gelungene Kombination aus metallischer Härte und mittelalterlichen Melodien, während Sänger Occulto die nötige Black-Metal-Aura beisteuert. Doch nicht nur wegen dieser Songwriting-Formel wirken Desaster nicht wie die Reinkarnation einer einst verehrten Legende. Bemerkenswert ist auch, dass der Titeltrack im mittleren Tempo angesiedelt ist, und auch dieser Song bildet hier keine Ausnahme, denn Midtempo-Passagen dominieren das Album. Angesichts des ansonsten eher schwachen Sounds war dies eine gute Entscheidung. Sobald die Stücke richtig schnell werden, verschwindet die Snare-Drum. Vielleicht gefällt Ihnen „Fields of Triumph“. Der Song bietet starke Riffs und eine überzeugende Songstruktur, aber wie bereits erwähnt, kommt die Snare im Uptempo-Teil zu kurz.
Desaster punkten jedoch mit exzellentem Gitarrenspiel auf dem gesamten Album. Am deutlichsten wird dies wohl beim geradlinigen „Devil's Sword“, das sich ganz auf scharfe und aggressive Riffs konzentriert. Es gibt weitere, energiegeladenere Songs im selben Stil, die allesamt von vergleichbarer Qualität sind. Ganz im Gegensatz dazu präsentiert sich „Visions in the Autumn Shades“ als der melodischste Track. Man könnte ihn fast als Ballade bezeichnen, aber er ist weder lahm noch langweilig. Wer die Gitarrenlinie mag, wird ihn sicherlich genießen. Wer die Melodie nicht schätzt, wird ihn mit Sicherheit als enttäuschend empfinden. Obwohl dieser Song nicht zu den Höhepunkten zählt, gefällt er mir, weil er durch seinen sanfteren Ansatz für eine unerwartete Note sorgt. „Crypts of Dracul“ hingegen stellt einen Schwachpunkt dar. Er ist mit fast neun Minuten einfach zu lang und bietet ein unzusammenhängendes Zwischenspiel. Zudem stört sein überlanges, atmosphärisches Intro den Fluss des Albums. Doch glücklicherweise bleibt dies ein Einzelfall.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Auch nach über 18 Jahren steht dieses Debüt für sich und war, rückblickend betrachtet, ein erstes bemerkenswertes Zeichen für die Stärke von Desaster. Es war nicht einfach nur ein gutes Album. Vielmehr schuf es ein tragfähiges Konzept für die Zukunft, nicht zuletzt dank der ausgewogenen Mischung aus Thrash-Riffs, Black-Metal-Charisma und mittelalterlichen Elementen. Sobald der letzte Ton des bombastischen Outros verklungen ist, werden Sie wahrscheinlich auf die Wiederholungstaste drücken. (METAL ARCHIVES)


Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen